Ursprung und Verbreitung

Bereits im Mittelalter war die Haltung vom Rotwild als das wichtigste Wild der hohen Jagd verbreitet und durfte nur von Landesfürsten gejagt werden. Die unmittelbaren Vorfahren des Rothirsches waren in Südasien und in der warmen Steppe Mittelasiens beheimatet. Von dort breiteten sie sich in westlicher und nordwestlicher Richtung aus und besiedelten Europa. In einer zweiten Ausbreitungswelle erreichte der Rothirsch Sibirien und über die Beringstrasse sogar Amerika. Im 19. Jahrhundert wurden Rothirsche in einer Reihe von Ländern (Australien, Chile, USA, Kanada und Neuseeland) eingeführt. Zu den rothirschreichen Ländern in Europa zählen Großbritannien, Deutschland, Österreich und Spanien. Hohe Bestände weisen außerdem Polen, Tschechien, Serbien, Ungarn, die Slowakei, Kroatien, Bosnien und Rumänien auf. Geringe Bestände hingegen sind in Frankreich, Italien, Griechenland, Belgien, Irland, den Niederlanden sowie Norwegen und Schweden vorhanden.

Bis ins Mittelalter wurde Rotwild in Europa in Tiergehegen und Parklandschaften nur als Jagdwild gehalten und damit es durch seinen Anblick die Augen des Besitzers erfreuen kann. Erst im 19. Jahrhundert wurde das Rotwild in Europa und Neuseeland von jagdbegeisterten Farmer in großen Gehegen für die Fleischproduktion gehalten und nahm wegen seines Ansehens, seiner Nutzbarkeit und seiner Anpassungsfähigkeit die erste Stelle in der Rangordnung unserer Jagdtiere ein.                

Anfang der 1970er Jahre wurden in Deutschland parallel mit der Gründung von Damwildgehegen als Alternative zur landwirtschaftlichen Produktion mit traditionellen Haustieren wie Rind, Schaf, Ziege, Pferd auch Rotwildgehegen für die Zucht und Fleischproduktion zur Nutzung von Grün- und Brachland errichtet. Auch zu diesem Zeitpunkt führte auf Neuseeland durch die Erschließung von Absatzmärkten in Europa und Asien zu Etablierung von Hirschfarmen, wo Rothirsche nutzartig gehalten wurden.

Systematik

Das Rotwild gehört innerhalb der Familie der Hirsche (Cervidae) zur Unterfamilie der Echthirsche (Cervinae).

Die Unterfamilie der Echthirsche umfasst unter anderem die Gattungen Edelhirsche mit den Untergattungen Rothirsche, Sikahirsch, Weißwedelhirsche, Zackenhirsche sowie Pferdehirsche und Damhirsche mit den Untergattungen (Unterarten) Europäischer Damhirsch (Dama dama dama) und Mesopotamischer Damhirsch (Dama Dama mesopotamica)

Der Europäische Rothirsch (Cervus elaphus elaphus) ist in Nordwesteuropa stark verbreitet, in den Mittelmeerländern sind die Bestände jedoch stark zurückgegangen. In Großbritannien kommen Rothirsche zwar recht häufig vor, hier hat aber die Einführung von Wapitis und Sikahirschen zu einer Vermischung geführt, so dass es dort kaum noch reine europäische Rothirsche gibt.

Farbe

Die Färbung des Haarkleides variiert in Abhängigkeit von Jahreszeit, Geschlecht und Alter. Bei Rotwild ist die Decke im Sommer rotbraun und im Winter graubraun. Der Spiegel ist sommers gelblich, im Winter graubraun. Viele Rothirsche weisen vom Nacken bis zum Ansatz des Schwanzes einen Aalstrich auf. Den männlichen Rothirschen wächst vor der Brunft eine Halsmähne, die am Vorderhals bis zu 15 cm lang werden kann. Die Kälber sind anfänglich hell gefleckt, aber diese Kälberflecken werden im Verlauf des Sommers durch nachwachsende Haare überdeckt.

Rotwild verfärbt sich im Mai, im Herbst findet der Haarwechsel in der Zeit von September bis Ende Oktober statt. Auch beim Rotwild verfärben Jungtiere zuerst.

Geweihbildung

Bei der Geweihbildung unterscheidet man 2 Phasen: Die Bildung der Rosenstöcke, die zeitlebens erhalten bleiben und die Geweihentwicklung die 4 bis 4 1/2 Monate andauert.

Der Beginn des Rosenstockwachstums kann durch soziale und physiologische Bedingungen stark beeinflusst werden. Die Geweihentwicklung unterliegt einer photoperiodischen Kontrolle und findet bei einer Stagnation des Hodenwachstums, bei sinkenden Testosteronwerten und Kreatiningehalte im Blutserum statt.

Beim Rotwild beginnen die Althirsche bereits Ende Februar mit dem Abwurf des Geweihs, während Hirsche im 2 und 3 Kopf bis Mitte April die Stangen verlieren. Die Geweihentwicklung erfolgt bis dann im Juni und Juli, der Bast wird bei den Althirschen bis Ende Juli abgefegt.

Gewichtsentwicklung

Rotwildkälber werden mit Gewichten von 7-8 kg geboren. Im Alter von 6 Monaten wiegen die weiblichen Kälber dann schon 38-48 kg und die männlichen Kälber sogar 42-50 kg. Bei der Schlachtung im Alter von circa 18-20 Monaten liegen die Gewichte dann schließlich zwischen 70-90 kg.

In Deutschland erreichen die Alttiere Gewichte von 90-100 kg, die Althirsche in der Feistzeit wiegen bis zu 120-150 kg bei einer Widerristhöhe von 100 bis 120 cm. Die Gewichtsentwicklung beim Rotwild ist immer von der Futtergrundlage abhängig. Klimaverhältnisse, Biotop und andere Umweltfaktoren tragen zu Entwicklung der Körpermaße und Gewichte bei. Tiere in der freien Wildbahn haben immer aufgrund der größeren Selektionsmöglichkeiten bei der Futteraufnahme höhere Gewichte als Gehegewild.

Sinnesleistungen und Verhalten

Bei Rotwild ist der Sehsinn von allen Sinnen am schwächsten entwickelt. Die Augen befinden sich seitlich am Schädel, so dass nur ein geringes räumliches Sehen möglich ist. Bewegungen und Hell-Dunkel-Abstufungen werden sehr gut wahrgenommen, Farben allerdings nicht oder nur sehr eingeschränkt.

Der Geruchssinn ist am besten entwickelt. In Abhängigkeit von der Luftfeuchtigkeit kann Rotwild Feinde bis auf 1200 m winden. Feuchte Luft leitet Gerüche deutlich besser als trockene Luft und eine dauernde Schwankung der Luftfeuchtigkeit stimuliert das Witterungsvermögen. Geruchsmeldungen des Feindes lösen schnell Fluchtbewegungen hervor.

Das Hören von Geräuschen ist beim Rotwild sehr gut entwickelt. Durch die Beweglichkeit der trichterartigen Ohren kann die Richtung von Geräuschen exakt ausgemacht werden. Geräusche werden genau lokalisiert und unterschieden. Droht Gefahr durch Prädatoren oder Menschen, so wird die geregelte Flucht angetreten. Rotwild verlässt sich grundsätzlich auf den Geruchssinn und auf das Gehör.

In wie weit der Geschmacksinn beim Rotwild ausgeprägt ist, lässt sich nicht sagen. Wahrscheinlich ist der Geschmackssinn nur mäßig entwickelt, da Rotwild beim Asen nicht wählerisch ist. Das Rotwild hat eine Vorliebe für bestimmte Kräuter und Früchte, aber er ernährt sich grundsätzlich von Gräsern und Bäumen. Je nach Verbreitungsgebiert und Biotop ist das Asungsverhalten sehr verschieden.

Lautäußerung

Bei den Lautäußerungen unterscheidet sich Rotwild deutlich vom Damwild.

Mahnlaute können Warnlaute beider Geschlechter oder bei Muttertieren auch ein Lockruf für ihren Nachwuchs sein. Mahnen ist auch von Kälbern zu hören, die ihre Mütter aus den Augen verloren haben.

Bettellaute oder klagende Laute sind von den Kälbern und Jungtieren in Not, bei Schmerzen oder im Fall von Hungern zu hören. Schreckende Laute sind kurze typische Warnrufe der Muttertiere. Das Schrecken ist bei den Hirschen eher selten zu hören und ein wenig tiefer als das der Weibchen.

Der Zweifels ohne bekannteste Laut der Rothirsche ist das Röhren (Orgeln) während der Brunftzeit. Besonders lautstark macht sich dabei der Platzhirsch bemerkbar. Er hält damit zum einen Nebenbuhler und Baihirsche auf Distanz oder fordert sie zum Kampf, zum Anderen hält er mit dem Röhren sein Brunftrudel zusammen.

Bewegungsabläufe

Die Bewegungen des Rotwildes im Schritt strahlen Anmut, Eleganz aber auch eine enorme Kraft aus. Sie sind harmonisch und je nach Alter der Tiere beträgt die Schrittlänge 50-85 cm. Rotwild sind ausdauernde Läufer, die den Trab bei leichter Erregung über längere Strecken ohne Ermüdung durchhalten. Bei Gefahr bzw. auf der Flucht verfällt das Rotwild kurzfristig in den Galopp. Die Tiere sind nicht nur exzellente Läufer, sondern auch gute Springer. Hindernisse von bis zu 3 m können sie ohne Mühe überspringen.

Bei Rotwild ist der Spieltrieb vor allem bei Kälbern und Jungtiere sehr ausgeprägt. Dazu gehören spielerische Kämpfe sowie Galoppieren, Springen und Verfolgungsjagden. Solche Spiele sind gelegentlich auch bei Alttieren und Hirschen zu beobachten, so kommt es außerhalb der Brunftzeit zwischenzeitig zu spielerischen Kraftkämpfen, die mit der Bildung einer Rangfolge in Verbindung stehen.

Soziale Organisation

Rotwild ist ein Herden- oder Rudeltier und lebt heute in der freien Wildbahn fast ausschließlich in Wäldern, bevorzugt Misch- und Nadelwälder. Zum Äsen sucht es Feldflächen in Waldnähe auf. Niederschlagsreiche Standorte sind für Rotwild ideal, wobei Feuchtbiotope und vorhandene Suhlen Voraussetzung sind. Diese werden im Sommer zum Abkühlen genutzt, aber auch zum Schutzen vor Insekten und zur Körperpflege.

Im Sozialverhalten neigt das Rotwild, wie alle Hirscharten, während des ganzen Jahres zu Gruppenbildung. Die Rudel sind grundsätzlich standorttreu, starke Beunruhigung führt aber dazu, dass Rudel ihr Einstandsgebiet verlassen. Die Größe der einzelnen Rudel ist vom Lebensraum abhängig. In Regionen mit einem hohen Anteil an Freiflächen oder sogar offene Landschaften sind die Rudel in der Regel größer als in den reinen Waldgebieten. Besonders im Winter können Rudel mit bis zu 200 Tieren gesehen werden.

Weibchenrudel (Kahlwildrudel)

Die so genannte Kahlwildrudel setzen sich in der Regel aus mehreren Mutterfamilien zusammen, die jeweils aus einem Alttier, einem Kalb und einen Jährling bestehen. Kurz vor dem Setzten sondern sich die Alttiere von dem Rudel ab und bilden anschließend Kahlwildrudel, die nur aus Alttieren mit ihren Kälbern bestehen. Später schließen sich die Schmaltiere dem Rudel an. Die Bindung des Alttieres an sein Kalb ist beim Rotwild stark ausgebildet. Der Zeitpunkt, ab dem beim Kahlwild die Mutterbindung endet, ist nicht eindeutig. Beim Schmaltier endet diese Bindung wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt, zu dem es selbst erstmals ein Kalb setzt. Beim Spießer endet die Mutterbildung meistens während des zweiten Lebensjahres. Die weiblichen Nachkommen verbleiben sogar im Rudel der Mutter oder in dem nahen Einstandsrevier.

Kahlwildrudel werden immer von einem Leittier angeführt. Leittierrollen werden nur ausschließlich von Alttieren wahrgenommen, die Kälber führen. Wird dem Alttier das Kalb genommen, fällt das Tier in der Rudelhierrarchie weit zurück. Verlieren Kälber ihr Muttertier, werden sie beim Rotwild strikt aus dem Verband ausgeschlossen. Die Zusammensetzung eines Kahlwildrudels ist verhältnismäßig stabil, wobei die Sommerrudel kleiner sind als die Winterrudel. Hieraus leiten sich für den Gehegewildhalter die Möglichkeiten des Zukaufs neuer Tiere und deren Integration in die vorhandene Herde ab.

Hirschrudel

Hirschrudel sind in ihrer Zusammensetzung instabiler und nicht so gut organisiert wie Kahlwildrudel. Die Verwandtschaft im Rudel ist geringer und meist schließen sich Hirsche ähnlicher Altersstufe zusammen. So bilden junge Hirsche, Hirsche mittleren Alters und Althirsche jeweils ein eigenes Rudel.

Da die Althirsche eine 8-wöchige längere Kolbenzeit als Junghirsche haben und damit über einen langen Zeitraum den Attacken der Junghirsche ausgesetzt wären, schließen sie sich oftmals zu kleinen Gruppe von 2-4 Tieren zusammen. Sie vermeiden damit die Belästigung durch junge Hirsche und sind so in ihren Tagesrhythmus während der Kolbenzeit wenig gestört, bilden bessere Trophäen aus und können im Sommer mehr Feist ansetzen, um die Brunftkämpfe und die Brunft allgemein gut zu überstehen. Diesem Verhalten muss auch im Gehege Rechnung getragen werden. Älteren Hirschen müssen Rückzugs- und Absonderungsmöglichkeiten von jungen Hirschen und weiblichen Wild im Jahresverlauf zur Verfügung  stehen. Brunftkämpfe werden grundsätzlich nur unter annähernd gleich starken Hirschen ausgetragen. Der rudelstärkste Hirsch ist der Leithirsch. Die soziale Rangordnung kann sich aber innerhalb eines Jahres mehrmals ändern. Diese soziale Rangordnung wird im Hirschrudel durch Droh- und Imponierduelle sowie in kämpferischen Auseinandersetzungen ermittelt. Der Geweihabwurf, der bei den älteren Hirschen zuerst einsetzt, geht normalerweise mit einem Rangverlust für diese unter. Wenn auch die jüngeren Hirsche ihre Geweihe verloren haben, kommt es erneut zu Rangordnungskämpfen, die diesmal mit den Vorderläufen ausgetragen werden. Während der Kolbenzeit finden keine Kämpfe statt, während der Fegezeit kommt es erneut zu kämpferische Auseinandersetzungen, bei denen diesmal die Geweihe eingesetzt werden. Mit Beginn der Brunft wandern in der Regel die Hirsche, die älter als fünf Jahre und damit fortpflanzungsfähig sind, zu den Brunftplätzen ab und hier wird in Rangkämpfen der Platzhirsch ermittelt. Mit dem Winterbeginn bilden sich erneut größere Hirschrudel, in denen auch die Brunfthirsche versammelt sind.

Fortpflanzung

Die Geschlechtsreife tritt beim Rotwild im Alter von 16-18 Monaten ein. Spießer und Schmaltiere sind paarungsbereit und nehmen an der Brunft teil. Im Gehege können Spießer auch Alttiere erfolgreich begatten, aber in der freien Wildbahn kommen sie durch die Dominanz des Platzhirsches nicht zum Beschlag.

Auch bei der Haltung vom Rotwild im Gehege sollten für die Zucht Althirsche eingesetzt werden. Das Zuchtoptimum erreicht der Rothirsch mit 6-12 Jahren, die Befruchtungsrate liegt in der freien Wildbahn bei ca. 80% und die Aufzuchtrate bei 70%. Im Gehege wurden Befruchtungsraten von bis zu 96% erzielt und die Aufzuchtrate, abhängig von der Witterung in der Setzzeit, liegt durchschnittlich bei 85-86%.

Beim Rotwild verläuft die Brunft in Mitteleuropa von Ende August bis Anfang Oktober und ist zeitlich sehr unterschiedlich und witterungsabhängig. Die Entwicklung der primären und sekundären Geschlechtsmerkmale ist zyklisch (jährlich) und photoperiodisch. Die Vergrößerung der Hoden und Drüsen, die Drüsenaktivität und die Spermienbildung, welche eine bedeutende Rolle für die Geweihbildung hat, beginnt schon im Sommer und erreicht ihren Höhepunkt während der Brunft im Herbst.. Dann entwickeln sich beim Rothirsch auch sekundäre Geschlechtsmerkmale, wie Stimme, strenger Brunftgeruch, Zuwachs der Trägermuskulatur und des Trägerumfanges, sowie die Dehnung und Verfärbung am Ende der Penishaut und die Bildung der Mähne (Grannenhaare) und des Drosselkopfes. Mit der vollständigen Ausreifung des Geweihes erreichen die männlichen Geschlechtshormone ihren höchsten Stand und die Hirsche sind paarungsreif. Dieser Zustand hält solange an, wie das Geweih getragen wird und sinkt kontinuierlich bis im März ab.

In der Hauptbrunft markieren die Hirsche ihre Brunftgebiete, indem sie mit den Klauen und mit dem Geweih Löcher im Boden (Brunftkuhlen) ausheben und diese mit scharf riechendem Urin befeuchten. Die befeuchtete Erde dient der Einstandsmarkierung durch Fegen und Schlagen von Büschen und Bäumen. Rothirsche wälzen sich sogar in ihren Gruben und sondern in der Voraugdrüse ein übel riechendes Sekret aus. Platzhirsche vertreiben ihre Gegner grundsätzlich durch Imponieren und Drohen. Brunftkämpfe werden nur unter annähernd gleich starken Hirschen ausgetragen, aber dann oftmals äußerst heftig. Es kann auch zu Forkelverlust bei den Hirschen, Kälbern und auch bei Tieren, die nicht paarungsbereit sind, kommen.

Der Brunftruf (Brunftschrei) ist beim Rothirsch in beachtlicher Lautstärke zu hören und variiert von einer monotonen Tonlage bei der Suche nach einem Weibchen, bis hin zu einem lauten Kampfschrei unmittelbar vor einem Brunftkampf. Das Röhren der Hirsche unterscheidet sich in Länge und Tonlage je nach Alter der Tiere. Je älter der Hirsch ist, desto tiefer ist seine Stimmlage.

Die Präsenz und das Brunftverhalten der Hirsche löst auch die Brunft des Kahlwildes aus. Weibliche Tiere sind polyoestrisch mit einer Zykluslänge von 24-26 Tagen. Die Fortpflanzungsfähigkeit dauert bei den Rottieren bis Ende Januar an. Spätgebärende Rottiere können ihre Kälber nicht mehr erfolgreich aufziehen. Die Schmaltiere werden erst spät in der Brunft paarungsbereit und nicht alle Schmaltiere werden mit Beginn der Geschlechtsreife auch begattet.

Der Hirsch ist bemüht, das Weibchenrudel zusammenzuhalten. Sich entfernende Tiere werden zum Rudel zurückgetrieben. Die Tiere geben mit ihrem Urin Sexuallockstoffe ab (Pheromone), die dem Hirsch, der die Tiere ständig geruchlich kontrolliert, den richtigen Zeitpunkt für die Paarung signalisiert. Der Hirsch registriert die Paarungsbereitschaft durch Riechen und Belecken des Hinterteils der Kühe. Beim richtigen Zeitpunkt kommt es zum Beschlag, der nur kurz ist und bei dem das Tier nicht ausweicht. Bei einem ausreichenden Anteil älterer Hirsche in der Population und einer gleichmäßigen Verteilung der Weibchen auf verschiedene Rudel verläuft die Paarungszeit ohne größere Turbulenzen in relativ kurzer Zeit ab. Entfallen nicht zu viele Tiere auf einen Hirsch, dann werden alle Tiere bereits bei ihren ersten Eisprung begattet. Dies hat verschiedene Vorteile: die Brunft geht schnell zu Ende, die Hirsche verschwenden vor dem Winter nicht so viel Energie und die Kälber werde in kommenden Jahr zeitig und kompakt geboren.

Trächtigkeit und Geburt

Die Tragezeit erstreckt sich beim Rotwild über 34-35 Wochen. Die meisten Geburten, etwa 95%, entfallen in Mai und Juni. Grundsätzlich bringen die Tiere ein Kalb mit einem Geburtsgewicht von 7-8 k zur Welt. Bereits einige Stunden vor der Geburt sind die Tiere sehr unruhig und nehmen fast keine Nahrung mehr auf. Sie sondern sich von der Gruppe ab und suchen Plätze mit hohem Gras oder Kräuter auf. Die Geburt erfolgt überwiegend im Stehen und die Austreibungsphase des Kalbes dauert ca. 20. Minuten, kann sich aber je nach äußere Faktoren bis zu 5 Stunden hinziehen. Reißt die Nabelschnur bei der Geburt im Stehen oder nach dem Aufstehen bei der Geburt im Liegen nicht auf, wird sie abgebissen. Unmittelbar nach der Geburt wird das Kalb gesäubert und die Einhäute, das Fruchtwasser und später die Nachgeburt werden gefressen. Auch alle Spuren der Geburt, wie genässte Gräser, Erde und Laub von Setzplatz werden gefressen, um verräterische Gerüche zu tilgen. Sofort nach der Geburt beginnt das Kalb mit der Suche des Euters und spätestens nach 30 Minuten wird der erste Versuch zum Saugen unternommen. Die Kälber sind Nestflüchter. Schon nach einigen Stunden, wenn die Kälber relativ sicher auf den Beinen stehen, verlassen sie mit der Mutter den Geburtsplatz und suchen nach einem neuen Versteckplatz mit guter Deckung.

Am Anfang holt die Mutter das Kalb zum Saugen aus dem Versteck. Die Dauer eines Saugens beträgt in den ersten Tagen 5-10 Minuten, bei einem Intervall von 2-3 Stunden. Danach ist das Saugen kürzer und die Pausen länger. Die Kontakte zwischen Mutter und Kalb sind sehr eng. Die Mütter behalten im Allgemeinen den Liegeplatz des Kalbes im Gedächtnis und durch Blöcken und Fiepen lockt sie das Kalb aus dem Versteck. Beriechen, Berühren und Belecken sind wichtige Bestandteile der Mutter-Kalb-Beziehung. Rotwild weisen fremde Kälber ab, die bei Mutterverlust in der Säugezeit zum Tode verurteilt sind. Im Alter von ca. 4 Wochen folgt das Kalb die Mutter bei der Nahrungssuche und bleibt mit der Mutter im Rudel. Hier lernt es gleichaltrige Artgenossen kennen, mit denen es ausgiebig herumtollt. Die Muttertiere halten mit ihren Kälbern ständig Kontakt durch verschiedene Laute. Sehr oft werden im Rudel, „Kälbergärten“ gebildet, wo nur wenige Mütter alle Jungtiere des Rudels bewachen, während die übrigen Mütter fressen können.

Obwohl bis in den Winter hinein, gesäugt wird, wird das ältere Kalb langsam entwöhnt. Schon im Alter von 2 Wochen fangen die Kälber an einige Grashalme zu reißen aber erst mit ca. 4 Wochen können sie Gras fressen.

Fressverhalten

Rotwild ist unter den Wildwiederkäuern ein Intermediärtyp mit Tendenz zum Grasfresser. Wenn sie die Möglichkeit haben, fressen sie Kräuter und schmackhafte Gräser, sonst ernähren sie sich von Gras und Laub und werden von Eichen, Bucheckern und Kastanien angelockt. In der freien Wildbahn suchen sich die Tiere ihre Nahrung auf offenen Flächen oder im Wald. Ist das Wild mit der Umgebung vertraut, ernährt es sich auch tagsüber auf offenen Flächen. Ist es scheu, verlässt es den Wald nur nachts und verursacht eine erhöhte Belastung der Waldvegetation.

Im Gehege muss der Gehegeinhaber dafür sorgen, dass die Fütterung der Tiere unter Berücksichtigung des Bedarfs und der physiologischen Veränderungen im Laufe des Jahres gestaltet wird.

Bei einem Pansenvolumen von 25 l nehmen die Tiere je nach Qualität des Futters, physiologischen Veränderungen (Trächtigkeit, Haarwechsel, Geweihwachstum, Saugen des Kalbes) und Außentemperatur zwischen 8 kg und 25 kg Grünfutter auf. Rotwild verbringt mit Äsen insgesamt 7-10 Stunden am Tag und 5-6 Stunden mit Widerkauen. Für eine artgerecht Widerkautätigkeit müssen die Tiere etwa 0,45 kg Rohfaser/100 kg Körpergewicht aufnehmen. Die Partikellänge nach dem Widerkauen beträgt 4-5 mm und ist wesentlich kleiner als beim Rind (8mm). Rotwild muss eine ausreichende Wassermenge zur Verfügung haben. Je nach Trockensubstanzgehalt des Futters benötigt das Rotwild 5 l Wasser/100 kg Körpergewicht/Tag.

Züchtung

Die Zucht des Rotwildes im Gehege erfolgt unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Aspekte. Jeder Züchter ist bestrebt, in seiner Herde nach den Parametern zu züchten, die zu einer Verbesserung der Rentabilität beitragen.

Allgemein kommen für die Zucht von Gehegewild folgende Kriterien in Frage:

  • körperliche Entwicklung hinsichtlich Größe und Gewicht
  • Futterverwertung
  • Fruchtbarkeit und Aufzuchtleistung
  • Zusammensetzung der Schlachtkörper (Fett – Fleisch – Verhältnis).

Bei den weiblichen Tieren entscheidet die Zuchtwahl in erster Linie die Eigenleistung, bei den männlichen Tieren die Eigenleistung und die Leistung der Nachkommen.

Eine systematische Zucht erfordert Kennzeichnung aller Tiere (Ohrmarken und Halsbänder), die Erfassung der väterlichen und mütterlichen Abstammung (Herdbuchführung), Anlage von Koppeln, in denen die züchterisch besten Tiere eines Geheges mit ausgewählten Hirschen gepaart werden.

Die Schlachtung bezieht sich vor allem auf Tiere mit unerwünschten Merkmalen, die von der Zucht ausgeschlossen werden sollen.

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